Die bundesweit mit mehreren Preisen ausgezeichneten „Heroes“, die sich gegen die Unterdrückung im Namen der Ehre und für die Gleichberechtigung einsetzen, haben Workshops mit den Schülerinnen und Schülern der Abendrealschule Rheine durchgeführt.
Sie sind jung, mutig und cool. Sie glauben an eine Gesellschaft, in der jeder Mensch unabhängig von Geschlecht und kulturellem Hintergrund dieselben Möglichkeiten und Rechte hat. Der Glaube ist aber nicht alles. Sie wollen auch etwas bewegen, deswegen gehen sie in die Schulen.
Dafür haben die „Heroes“ schon in der ganzen Bundesrepublik mehrere Preise erhalten. 2012 widmete sogar der Rabbiner Daniel Alter seinen Fernsehpreis Bambi dem Heroes-Projekt für sein Engagement gegen Hass und Gewalt.
In der vergangenen Woche haben die „Heroes“ in Rheine über die Ehre, über die Gewalt und Unterdrückung der Frauen und Mädchen einen Workshop durchgeführt und den jungen Menschen neue, bessere Wege für ein friedliches Zusammensein aufgezeigt.
Die Schülerschaft war begeistert. „Was mir gefallen hat, war die Art und Weise, wie sie mit uns gesprochen haben“, sagt der 17-jährige Ali, „sie sprechen so wie wir, sie belehren uns nicht, sondern diskutieren mit uns“, fügt er hinzu. Und das ist genau die Idee der Heroes. Mithilfe von Rollenspielen und Empathie erreichen sie die Schülerinnen und Schüler.
Unser Bild zeigt Schülerinnen und Schüler der ARS mit den Heroes Selim (zweiter von links) und Abdul Chahin (drittervon links). „Es geht darum, Anstöße zu geben, Tabus zu brechen und zum Nachdenken anzuregen“, sagt Abdul, der den Workshop durchführte. „Wir entwickeln keine Lehrerhaltung sondern sind in einem sogenannten Dialog. Wir lassen aber auch nicht los und stellen viele Fragen, beispielsweise was bedeutet die Ehre, was ist die Männlichkeit, wer entscheidet, wen deine Schwester heiratet, wo beginnt die Gewalt“, führt er fort.
Die Antworten werden auch von den „Heroes“ nicht fertig geliefert. Die Schüler müssen selber eine positive Lösung herausarbeiten, um sich dadurch langfristig zu entwickeln. „Natürlich erreichen wir nicht alle während eines Treffens, es sollen aber Impulse gesetzt werden“, erklärt der 27-jährige Abdul. „Viele Jugendliche haben oft keine eigene Meinung, was die Gleichberechtigung angeht, sie vertreten oft die Ansichten der Eltern oder Verwandten und diese Schüler wollen wir mit ins Boot holen, sie zur Meinungsbildung anregen“, ergänzt Abdul.
Und es ist den Heroes auch in Rheine wieder gelungen. „Es hat mir schon etwas zum Nachdenken gegeben“, gibt der Schüler Mohammad zu. „Ich habe auch eine Schwester und mein Papa sagte mir immer, ich müsse auf sie aufpassen, damit sie ein ordentliches Leben führt. Ob das alles so richtig ist, bin ich mir jetzt nicht so sicher …“, sagt er nachdenklich am Ende des Projektes.
„Es ist eine sehr wichtige Arbeit, die die „Heroes“ leisten, sicherlich waren sie bei uns in der Abendrealschule nicht zum letzten Mal zu Gast“, sagt Christiane Beckmann-Veerkamp, die Schulleiterin. Den Besuch der Helden hat der Förderverein der Schule finanziell unterstützt.
Die „Heroes“ schaffen etwas, was viele Lehrerinnen und Lehrer sowie Sozialpädagogen auch in ihrer Arbeit mit den Zugewanderten versuchen, nicht immer erfolgreich. Es bleibt die Frage, was machen die Helden anders?
„Mein Vorteil ist: Ich bin ein brauner Mann mit orientalischen Wurzeln“, erklärt lächelnd Abdul. „Ich komme aus der gleichen Community, wie die Schüler mit denen ich arbeite“, führt er fort. „Ich bin hier geboren, und ich weiß, was die jungen Menschen brauchen, weil ich hier selbst nicht selten mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert wurde.“
Seiner Meinung nach ist wichtig, den Jugendlichen mit Migrationshintergrund erstmal viel Akzeptanz und Anerkennung zu schenken, sie in dem Gedanken zu stärken, sie würden zu der Gesellschaft dazugehören.
Abdul weiß ganz genau, wovon er dabei spricht. Er war einer der ersten „Heroes“, hat Pionierarbeit geleistet. Schon im kindlichen Alter sind ihm die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern aufgefallen, „ ob das in meiner Familie war oder bei den anderen, fand ich das einfach unfair“, erinnert er sich. „Ich konnte das aber auch in meinem Freundeskreis nicht öffentlich sagen, weil ich dann ausgeschlossen würde und gegen den Strom schwimmen würde“.
Den Mut haben ihm die „Heroes“ gegeben und die 1,5 jährige Ausbildung, die die Jungs durchlaufen müssen, bevor sie in die Schulen gehen dürfen. „Heute sage ich entschlossen: Ich gehöre zu der Gesellschaft, ich bin Europäer, ich bin Deutscher, ich bin Demokrat – und möchte auch den jungen Menschen, die ich in den Schulen treffe diese Werte schmackhaft machen“, sagt der 27-jährige.
Die Heroes werden bei ihrer Arbeit mit Schülern immer von einem Projektleiter begleitet, der für deren Ausbildung zuständig ist. „Bei uns in Duisburg sind es bisher 50 Jugendliche, die zu Heroes geworden sind, 20 davon haben sich entschieden aktiv in den Schulen zu arbeiten, sagt Selim Asar, der Abdul bei seinem Einsatz in der Abendrealschule unterstützte.
Er hofft auch, dass es immer mehr werden. „Wir bieten den jungen Menschen, die Mut haben anders zu denken und neue Wege zu gehen, eine Plattform, sind aber sowohl was die Politik oder die Religion angeht unabhängig“, betont der 32-jährige.
Das Heroes Programm ist in vielen deutschen Städten bekannt, in Duisburg, aus der Stadt kamen die Heroes nach Rheine, sind sie schon seit 2011 in enger Kooperation mit dem Jugendamt tätig. Sie sind Vorbilder für die Gesamtgesellschaft. Weitere Projekte an der Abendrealschule Rheine sind geplant.
Text und Foto: Weronika Anger