Ein Beispiel für gelungene Integration
Grund zur Freude: Während in den anderen Schulen die Halbjahreszeugnisse verteilt werden, feiern die Absolventinnen und Absolventen des Wintersemesters am Weiterbildungskolleg in Rheine ihre Abschlüsse – und das ist immer ein besonderer Moment. Besonders sind nämlich die Schülerinnen und Schüler, die gerade ins berufliche Leben starten.

Einer von ihnen ist Mohammed Sadek, der vor fünf Jahren mit seiner Frau und Kindern aus Aleppo in Syrien geflüchtet ist. „Es ist schon nicht einfach mit 30 und zwei kleinen Kindern wieder alles von vorne zu machen. Ich hatte schon einen Abschluss, mit dem konnte ich hier in Deutschland aber leider nichts anfangen“, erzählt der Syrer. „Außerdem reichten meine Deutschkenntnisse gerade noch, um zu sagen, wie ich heiße und wo ich wohne“, fügt er hinzu.
Sich auszuruhen und nichts zu tun, war für ihn aber keine Option. So meldete er sich eher zufällig an der Abendrealschule Rheine (ARS) an. Den Zufall verdankte er der Tatsache, dass es keine Plätze bei einem Sprachkurs gab.
Die Pandemie und der Online-Unterricht haben seinen Schulbesuch alles andere als einfach gemacht. Aber dreieinhalb Jahre hat Mohammed Sadek schließlich gebraucht, um die Sprache von Anfang an zu lernen und den Mittleren Abschluss zu machen.
Bei der Abschlussfeier bedankte er sich besonders bei seiner 26-jährigen Frau Iman Ahmad: „Ohne sie wäre mein Erfolg hier nicht möglich gewesen. Sie hat mich jeden Tag unterstützt und die Lasten des Haushalts auf sich genommen, zumal noch während meiner Schullaufbahn unser drittes Kind zur Welt kam. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar“, betonte der 30-Jährige Sadek.
Sein berufliches Ziel ist noch offen. Eine Ausbildung im Gesundheitswesen ist sein Traum. „Am Anfang wollte ich zwar Flugbegleiter werden, doch dieser Beruf ist mit dem Familienleben nicht so gut vereinbar. Jetzt denke ich an eine Ausbildung als Krankenpfleger oder Optiker“, sagt der Absolvent. Was es genau sein wird, möchte er bis August durch mehrere Praktika herausfinden.
An eine Rückkehr nach Syrien denkt Mohamed Sadek trotz der neuen politischen Situation in seinem Heimatland nicht. „Ich fühle mich wohl hier in Deutschland, habe noch nie Rassismus erlebt und hoffe, dass das auch so bleibt“, sagt er. Etwas Angst bereitet ihm aber trotzdem die steigende Popularität der AFD, wie er einräumt.
Die Abendrealschule Rheine ist eine Schule der zweiten Chance. Junge, aber auch ältere Menschen können hier ihre Abschlüsse nachholen oder verbessern.
Text und Foto: Weronika Anger